Wir werden immer wieder darauf angesprochen, ob alte Menschen im Tierheim kein Tier mehr bekommen bzw. wo für uns die Altersgrenze für eine Vermittlung liegt.
Diese Frage ist sehr pauschal und wäre alles so einfach in Kategorien einzuteilen, gäbe es sicherlich einen Katalog, in dem sich jeder die Antwort selbst suchen könnte. Aber natürlich ist es nicht einfach und jede Vermittlung bzw. Vermittlungsanfrage ist individuell zu betrachten. Unser Hauptziel bei allen Vermittlungen ist immer, dass Mensch UND Tier gemeinsam glücklich werden, dafür müssen natürlich einige Dinge gegeben sein und trotz intensiver Gespräche und Beratung gelingt es leider nicht in jedem Fall. Das Alter ist dabei wohl ein sehr sensibles Thema, dass auch gerne von der Presse, oftmals reißerisch, aufgegriffen wird.
Wir haben auch schon ein zu jugendliches Alter als Manko bei einer Vermittlung gesehen, z.B. wenn es um einen sensiblen unsicheren Hund geht, der schlecht mit Veränderungen umgehen kann. Dieser ist dann sicher nicht gut bei Studenten aufgehoben, deren Leben im Fluss ist und sich noch häufig einschneidend verändern wird (dies ist nur ein Beispiel, wie gesagt ist alles sehr individuell zu betrachten). Seltsamerweise wird das nicht Zustandekommen einer Vermittlung wegen zu jugendlichem Alter niemals so scharf kritisiert wie der gleiche Fall wegen zu hohen Alters. Aber wie gesagt: wichtig ist, dass es passt!!
Der junge, quirlige, bewegungsintensive Hund wird nun mal bei sportlichen, aktiven und unternehmungslustigen Menschen glücklicher werden als bei Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen die ganz großen Touren nicht mehr leisten können. Dies hängt auch überhaupt nicht mit dem Alter zusammen, vielen Menschen wird heutzutage das Glück zuteil, bis ins hohe Alter fit zu sein, während andere schon in jungen Jahren gesundheitliche Probleme haben. Manch einer hat auch völlig altersunabhängig nicht den Drang nach großer Bewegung, aber trotzdem würde er gerne einen Hund haben.
Sicherlich ist es auch bei uns im Tierheim eine völlig andere Situation als beim Züchter, wenn ich mir einen Welpen aussuche, bei dem man zwar erste Hinweise auf Charakter und Aktivität hat, aber es bei weitem noch keine schlechten Erfahrungen oder große Probleme gibt. Unsere Hunde haben meist eine Vorgeschichte, manchmal eine sehr lange und dramatische. Das solch ein Hund nicht zu jedem Menschen passt, muss einfach zu verstehen sein. Wenn man ehrlich ist, hat jeder von uns sein „Beuteschema“, das uns beim Kennenlernen mit den verschiedenen Hunden im Tierheim beeinflusst. Wie auch sonst soll es gehen, wenn man ja noch keine Vorstellung von Charakter und Eigenschaften der einzelnen Hunde hat? So fällt man oft rein optisch auf einen bestimmten Hund und ist dann sehr enttäuscht, wenn dieser überhaupt nicht der Passende ist.
Wir haben seit Jahren einen sehr „verhaltenskreativen“ Golden Retriever in unserem Tierheim, der durch völlig falsche Erziehung bei den Vorbesitzern zu recht gefährlichen Verhaltensweisen neigt. Jeder, der den Hund sieht und nicht kennt, ist natürlich sofort begeistert: ein hübscher Hund, der freundlich guckt und die Rasse kennt man, es sind ja gewöhnlich tolle Familienhunde. Oftmals sind die Leute beleidigt und erbost, wenn wir ihnen das Problem dieses Hundes erklären. Mehr als einmal wurde uns vorgeworfen, es handele sich um eine Ausrede, man wolle diesen Hund nicht „rausrücken“. Verständlicherweise können wir den Gegenbeweis nicht erbringen, da es vorsätzliche Körperverletzung wäre und uns der Hund für solche Experimente einfach zu schade ist, also muss man mit den Vorwürfen leben und ein bisschen gegen so etwas abhärten. Wir können einfach nur sagen, dass nach eingehender Beratung immer wieder auch ältere Interessenten bei uns ihren treuen neuen Begleiter finden. Dabei spielt es natürlich eine Rolle, was der Mensch sucht und ob wir gerade den passenden Hund haben, aber auch, ob es z.B. Familie gibt, die einspringen kann, falls es Probleme gibt, etc.
Interessiert man sich für einen unserer Hunde, der nun mal seine Probleme hat, kommt es natürlich auch darauf an, ob man schon Erfahrung mit dieser Verhaltensauffälligkeit hat. Wenn man bisher Hunde hatte, die im Umgang mit anderen Hunden schwierig bzw. aggressiv waren, ist dies etwas völlig anderes als ein Hund mit z.B. Futteraggression, der auch für den neuen Besitzer zur Gefahr werden kann. Solches Verhalten wird oftmals unterschätzt, die Interessenten gehen sorglos damit um und denken, dass sie das Kind schon schaukeln werden. Fast immer kommt das böse Erwachen dann nach einiger Zeit und dann ist die Situation für neue Besitzer und Hund sehr schlimm, dies versuchen wir zu vermeiden, können es aber leider nicht immer. Aber so kann auch große Sorglosigkeit und das Herunterspielen von Problemen dazu führen, dass eine Vermittlung für uns unsinnig erscheint. Zu einer guten Vermittlung gehört eben auch gegenseitiges Vertrauen.
Zusammenfassend muss man sagen, dass ein fortgeschrittenes Alter des Menschen nie ein Hinderungsgrund sein wird, wenn ansonsten alles stimmt und ein glückliches Leben von Hund und Mensch wahrscheinlich ist.
Aber immer mal wieder kommen auch Menschen in fortgeschrittenem Alter zu uns, die sich für einen Hund entscheiden, der es nicht einfach hat und es dem Besitzer nicht einfach macht und die es als ihre Lebensaufgabe sehen, diesem Hund mit viel Zeit, Mühe, Liebe und Geduld ein tolles Leben zu ermöglichen und solch eine Vermittlung wird nicht an einer Zahl an Lebensjahren scheitern, die auch niemals eine Aussage über den Menschen machen kann.
Abschließend: Wer von uns hat eigentlich das Recht sich anzumaßen, zu entscheiden wer ab wann alt ist? Sehen wir es vielleicht wie George Bernard Shaw, der sinngemäß sagte: man ist alt, wenn die Zähne nicht mehr weh tun und man das dumme Zeug nicht mehr hört, was andere reden!