Wann ist eine Katze hilfsbedürftig? Wann ist sie ein herrenloser Streuner? Wann sollte man eine Katze einfangen und sich ans Tierheim oder eine andere Stelle wenden?


Fragen über Fragen! Und wir haben leider keine allgemeingültige Standardantwort. Früher war es auch nie ein Problem. Katzen mit besorgten Besitzern wurden schnell abgeholt und die anderen wurden gepflegt und bald in ein Zuhause vermittelt, so dass sie nicht mehr sich selbst überlassen waren.

Heute ist dies dank der sozialen Medien nicht mehr ganz so einfach. Viele Menschen posten gefundene Tiere erstmal in Gruppen bei Facebook und versuchen auf diesem Weg einen Besitzer ausfindig zu machen. Dies führt dann aber immer wieder zu sehr großen Kontroversen, weil manch einer der Meinung ist, eine offensichtlich gesunde Katze solle nicht eingefangen werden, auch nicht, wenn sie schon lange auffällt. Diese Meinung wird dann oft vehement vertreten und nicht immer nur in netten Worten mitgeteilt. Wir bemerken immer wieder Verunsicherung bei Menschen, die sich um solch ein Tier Gedanken machen, aber nicht Opfer eines solchen Shitstorms werden wollen.

Natürlich ist nicht jede Katze, die sich in fremden Gärten aufhält, hilfsbedürftig oder heimatlos. Nur kann man dies immer allein vom äußeren Erscheinungsbild her feststellen???

Wir denken nein.

Ein Tag in der vergangenen Woche war ein Paradebeispiel dafür. Lissy, eine gepflegte und gesunde Katze kam als Fundtier. Besorgte Menschen hatten sie eingesammelt und zu uns gebracht. Lissy war gechipt und registriert und so sehr schnell wieder zuhause. Also alles kein Problem. Kann passieren. Die Besitzer waren froh, dass ihr nichts passiert war.

Als Nächstes kam Spencer, wie wir ihn nannten. Auch hier besorgte Menschen, die ihn brachten. Und ihre Sorge war begründet. Die Katze war in jämmerlichem Zustand, gelbe Schleimhäute, ausgetrocknet, abgemagert, der Po wund und kotverschmiert. Er hatte eine nur sehr schwer entzifferbare Tätowierung und mit detektivischer Geduld ergab die Suche irgendwann einen Treffer. Auch hier waren die Besitzer innerhalb kürzester Zeit ausfindig gemacht und kamen auch sofort, um Spencer abzuholen. Es war bekannt, dass die alte Katze sehr krank ist und sie sollte es an ihren letzten Tagen noch schön haben und ihren Freigang genießen. Ein schöner Gedanke, aber nicht ohne Risiko für die Katze. Die Besitzer waren verärgert über die Finder, die Spencer einfach ins Tierheim gebracht hatten. Diese Verärgerung konnten wir nun nicht nachvollziehen. Vielmehr wäre jedem Menschen, der sich nicht um diese Katze gesorgt hätte, ein großes Maß an Empathielosigkeit vorzuwerfen. Das es in diesem Fall Besitzer gab, hat uns ehrlich gesagt alle überrascht.

Als dritte Fundkatze kam schließlich Irie. Als die süße dreifarbige puschelige Katzendame aus ihrer Box stieg, waren wir davon überzeugt, dass sich wie bei Lissy, schnell die Besitzer finden werden und sie abgeholt werden wird. Erst bei Handkontakt mit der Katze fiel auf, dass sie unter ihrem Fell nur aus Knochen bestand. Sie war völlig abgemagert, was durch das dichte Fell optisch nicht auszumachen war. Bei genauem Hinsehen fiel auch auf, dass sie etwas Blut am Mäulchen hatte und die Vorderpfoten mit Blut verschmiert waren. Und dann offenbarte sich das ganze Leid dieser Katze: sie hatte einen Tumor im Mund, der den gesamten Unterkieferknochen schon weggefressen hatte. Die Zähne hingen nur noch locker im eitrigen Zahnfleisch. Nahrungsaufnahme muss schon seit längerer Zeit nur unter größten Qualen möglich gewesen sein. Die Schmerzen können wir uns kaum vorstellen, die sie erdulden musste. Wir konnten Irie nur möglichst schnell von diesem Leid erlösen.

Hätte man diese Katze rein nach dem optischen Eindruck beurteilt, hätte man wohl entschieden, dass sie gewiss Besitzer hat und nur in fremden Gärten streunt. (Wir glauben jetzt einfach mal an das Gute im Menschen und denken, dass Irie entweder keine Besitzer hatte oder nur eine Futterstelle. Man möchte einfach nicht denken, dass sie bei Menschen gelebt hat, die ihre Erkrankung entweder nicht bemerkt haben oder es soweit haben kommen lassen.) Aber diese Geschichte hat uns wieder darin bestätigt, dass man lieber ein paar Katzen aufnimmt, bei denen keine Not bestand, als auch nur eine Katze, die sich in solch einer Lage befindet, durchs Raster fallen zu lassen.

Auch nehmen wir gerne dafür die Verärgerung mancher Menschen auf uns, die ihre Katze abholen müssen, weil der Nachbar sie fälschlicherweise eingesammelt hat.

Und hier nochmal die Bitte: lasst eure Tiere chippen und ganz wichtig: registrieren!!!! So finden sie schnell den Weg zurück nach Hause.