Wendy haben wir im August 2017 von einem anderen Verein übernommen. Die Hündin kam zusammen mit 3 weiteren Hunden. Der Verein klärte uns im Vorfeld darüber auf, dass Wendy etwas schüchtern sei. Wir quartierten Wendy zusammen mit ihren Hundekumpels zusammen in unsere Stube 6 ein, wo sie neben einem beheizten großen Zimmer mit schönen warmen Körbchen immer die Möglichkeit haben, einen großen Freilauf zu nutzen. Anfangs verhielt sich Wendy sehr zurückhaltend und sobald wir den Freilauf betraten, wich sie zurück und mied den Kontakt mit uns. Normalerweise legt sich dieses Verhalten bei unsicheren Hunden relativ schnell, aber Wendy wollte einfach nichts mit uns zu tun haben. Man denkt sofort, dass ihr was Schlimmes widerfahren sein musste, aber je mehr wir recherchiert haben, umso mehr hatten wir das Gefühl, dass die noch junge Hündin überhaupt gar nichts erlebt hat.
Eines Abends reichte ihr das Tierheimgelände wohl nicht mehr aus: sie kletterte über den Zaun ihres Auslaufes (2,40 m hoch), lief ums halbe Tierheim, um schließlich auch über den Zaun des Tierheimgeländes (2,60 m) zu klettern. Ein Mitarbeiter konnte ihr nur noch hinterherschauen, wie sie im angrenzenden Wald verschwand. Er hat dann alle Mitarbeiter alarmiert, aber wir hatten keine Spur von ihr. An dem nächsten Morgen erhielten wir einen Anruf, dass sie in der Stadt gesehen wurde, nachmittags war sie Richtung Wilnsdorf unterwegs und abends lief sie in Kreuztal-Krombach herum. Hier ließ sie sich dann auch für ca. 1 Woche nieder. Täglich bekamen mehrere Anrufe und Mails, wo sie überall gesehen wurde.
Jetzt muss man wissen, dass man einen solchen Angsthund nicht einfach rufen und anleinen kann. Wir dokumentierten jeden Anruf, um ein Muster herauszufinden, wo sie sich aufhielt, um dort an einem sicheren und ruhigen Platz eine Futterstelle einzurichten. Diese Futterstelle ist unbedingt notwendig, um irgendwann eine Lebendfalle aufzustellen. Beim Auswerten des Protokolls fanden wir heraus, dass sie sich immer bei einem bestimmten Haus zu einer bestimmten Uhrzeit aufhielt. Wir setzten uns mit den Bewohnern des Hauses in Verbindung und vereinbarten, dass wir auf deren Grundstück eine Futterstelle einrichteten. Nach ein paar Tagen – Wendy kam immer schön zum Abendessen – stellten wir die Lebendfalle auf. Aber leider bekam Wendy hiervon Wind und kam ab diesem Tag nicht mehr wieder.
Dann vergingen 2 – 3 Tage, an denen wir keine Sichtmeldungen mehr bekamen. In dieser Zeit macht man sich ja alle möglichen Gedanken. Hat sie ein Auto überfahren, ist sie verletzt und liegt irgendwo. Und dann kam endlich eine uns erlösende Sichtmeldung: Heidenberg! Sie kam wieder zurück. Sie hielt sich ganz in unserer Nähe auf. Nach einigen Versuchen sie anzufüttern mussten wir jedoch bitter zur Kenntnis nehmen, dass Wendy einfach zu schlau für uns war. Sie war uns immer einen Schritt voraus. An einem Nachmittag (während unseren Öffnungszeiten) rief uns ein Bewohner aus der Nachbarschaft an, dass Wendy einer Frau mit zwei Hunden folgte, die auf dem Weg zu uns ins Tierheim war. Und tatsächlich: Die Dame kam mit ihren Hunden die Auffahrt zum Tierheim hoch und hinter ihr lief Wendy! Sofort postierten wir uns seitlich des Tierheim-Tores und die Dame lief rein, Wendy ziemlich locker und unbeeindruckt hinterher. Als sie sicher auf dem Tierheimgelände waren, schlossen wir behutsam und leise das Tor! Wendy war wieder „zuhause“!
Wir bauten in windeseile einen Auslauf und eine Stube so um, dass Wendy ausbruchssicher untergebracht werden konnte.
Es gingen einige Tage ins Land. Täglich setzte sich jemand von uns zu ihr in die Stube, damit sie verstand, dass wir ihr nichts Schlimmes zufügen wollten. Wendy wollte aber immer noch nichts mit uns zu tun haben. Allmählich hatten wir das Gefühl, dass Wendy sich immer mehr aufgab und in sich zurückzog.
An einem Tag entschloss sich eine Kollegin Wendy mit nach Hause zu nehmen. Da sie bereits mit Angsthunden Erfahrungen gesammelt hatte, wusste sie genau, was auf sie zukam.
Fortsetzung folgt…